Meldung 28 |
Von: Manfred Anderl |
Thema: Der stille Abgang der ULF-Prototypen |
Liebe Straßenbahnfreunde!
Wer kann mir sagen, was mit den beiden ULF-Prototypen passieren soll, welche derzeit in Favoriten "verstauben"? Von verschiedenen Seiten habe ich bereits gehört, dass zumindest einer ins Museum gelangen soll (sollte es so sein, wird dies sicher ein Weltrekord), während der Zweite den Weg des Vergänglichen gehen soll. Liebe Grüße Manfred Anderl |
Leser-Antwort 1 |
Von: Norbert Schmid |
Sollte ein ULF ins Wiener Straßenbahnmuseum kommen, ist dies kein
Weltrekord. Der Prototyp der ersten Münchner Niederflurstraßenbahn
befindet sich bereits im Museumsbestand.
Norbert Schmid |
Leser-Antwort 2 |
Von: einem Leser |
Ich finde, dass die ULF-Protoypen (für mich selbstverständlich)
repariert bzw. verbessert und auf "Serienwagen-Zustand" gebracht werden
sollten. Weil Millionen-teure Straßenbahnen nach 3jähriger Betriebszeit
einfach ins Museum zu stellen, ist ein wenig verschwenderisch!
Die ULF-Auslieferung erscheint mir ohnehin einige Jahre verfrüht, da erst heuer die ältesten Tw (4401, 4459, Bj. 1959) 40 Jahre alt werden, was ja das durchschnittliche Höchstalter einer Straßenbahn ist. Die restlichen E sind ja 38 Jahre und abwärts, und haben ja keine Altersschäden, die nicht behoben werden könnten. Eine Hu würde (denke ich einmal) alle Schäden beheben, und die E könnten noch ein paar Jahre fahren. Natürlich kostet das alles viel, aber sicher wesentlich weniger, als neue ULFs. Ich denke zB an die Type G, von der einige Wagen 62 (!) Jahre im Einsatz standen, oder auch die Type C1-c1, 42 Jahre. Es stimmt schon, dass die Gemeinde finanziell nicht mehr so darauf angewiesen ist, Tramwaywagen 62 Jahre lang zu benützen, aber zu Zeiten von diversen Sparpakten ... Jetzt kann man auf der anderen Seite aber auch sagen (was ja teilweise bei "eventuellen Pönale-Zahlungen" wegen der ULF-Mängel an die öffentlichkeit gelangte), dass die Gemeinde Arbeitsplätze und den Produktionsstandort von SGP, mit Großaufträgen (wie 150 Ulf, neue U-Bahnwagen) sichern wollte. Nun gut, aber dann sollte man, angesichts der, für neue Wagen, schlechten Gesamtzustände der ULFs nicht gleich E-Tw (wie 4615) zerlegen, vielleicht braucht man sie in einiger Zeit wieder. Ich bin ja gespannt, in welchem Zustand die bis jetzt ausgelieferten ULFs in ein paar Jahren sind, zB Kriterien wie Fahrzeugstabilität, Schallisolierung, die wahrscheinlich sehr oft ausgebessert werden muss sowie Sicherheit der Fahrgäste nach schweren Unfällen, wegen des extrem niedrigen Fußbodenniveaus. Schöne Grüße P. |
Leser-Antwort auf Leser-Antwort 2 |
Von: Wolfgang Strizsik |
antwort auf leserbrief P.
nichts gegen neue niederflurgarnituren, diese tragen sicherlich zur hebung der durchschnittsgeschwindigkeit bei (sofern die haltestellenabstände nicht noch mehr verkürzt werden), und die modernisierung des wagenparks sollte zügig vorangetrieben werden. allerdings ist zu beachten, daß die betriebskosten dieser modernen garnituren sicherlich höher sein werden, ebenso auch das "haltbarkeitsdatum". dies wird bei der weiteren planung von straßenbahnlinien wirklich ein problem, weil dann die kosten verglichen zum autobus noch mehr abweichen werden (abschreibung/nutzung) wobei neue straßenbahnlinien sowieso das nachsehen haben, weil die privaten busunternehmen unschlagbar billiger sind als die gemeinde selbst (auftragsverkehre), man sieht ja das schon bei der geplanten linie 27, die, weil das geld fehlt, durch den 27A (verlängerung ast leopoldau - kagran) sicher auch nach der u-bahnverlängerung nicht umgestellt werden wird (geldmangel) w. strizsik |
Leser-Antwort 4 (Antwort auf Leser-Antwort 2) |
Von: Michael Suda |
Ich möchte keine neue Diskussion über Anschaffungs-,
Betriebskosten und Zuverlässigkeit der ULFe anzetteln.
Eines stimmt aber sicher nicht: Daß die Weiterinstandhaltung der E-Typen auf längere Zeit enorm viel wirtschaftlicher wäre. Ein Straßenbahnfahrzeug hat eine wirtschaftliche Lebensdauer (Abschreibungszeit) von (geschätzten) zwanzig Jahren. Nach dieser Zeit steht es wohl mit "Buchhaltungswert Null" in der Bilanz der Wiener Linien; ob es bilanztechnisch zulässig ist, routinemäßige Großausbesserungen werterhöhend anzusetzen, weiß ich nicht, würde ich aber verneinen. Das bedeutet, daß Kosten, die bei der Ausbesserung des Fahrzeugs anfallen, reiner Aufwand sind, der das Betriebsergebnis mindert. Je älter des Fahrzeug ist, desto teurer werden nach "Pi mal Daumen" auch die vorzunehmenden Arbeiten, desto länger werden auch die werkstättenbedingten Stehzeiten. Der Vergleich mit Altbautypen wie G (62 Jahre Betriebszeit) stimmt leider auch nicht ganz. Jeder G ist bis auf wenige Teile im Laufe seiner Betriebszeit, schätze ich mal, kastenmäßig mindestens einmal komplett neu aufgebaut worden und mit Tausch- und Ersatzteilen (Achsen, Motoren, Fahrschalter, Widerstände) nur so zugepflastert worden. Man müßte eher von einem "Neubau- oder Wiederaufbau auf Raten" sprechen. So gesehen "lebte" also jeder G zweimal 31 Jahre, was einer heute anzusetzenden technischen Lebensdauer eines ULF wohl nahekommt. Das ging vor allem, weil Arbeitsstunden des Werkstättenpersonals im Verhältnis zum Wert einer Neuanschaffung damals deutlich billiger waren. Heute ist das anders, mag man auch drüber schimpfen. Wobei ich noch nicht mal erwähne, daß ein "Emil" nicht mehr ganz dem entspricht, was sich der Fahrgast von einem zeitgemäßen Nahverkehrsbetrieb erwartet. So jedenfalls meine Meinung. |
Redaktion - Antwort 5 (Antwort auf Leser-Antwort 4) |
Die Rechnung stimmt nicht ganz. Dass abgenutzte Teile ausgetauscht werden,
ist ja wohl klar. Auch mancher E wird wohl nur mehr zur Hälfte aus Originalteilen bestehen.
Geht man bei einer Hauptuntersuchung von Kosten von (hoch angesetzten) 5 Mill. Schilling aus, und rechnet man bei jeder weiteren mit einer Erhöhung um 20 %, so kann man um den Anschaffungspreis eines A vier Hu bei einem E durchführen und damit die Lebensdauer um 32 bis 40 Jahre (4 mal 8 + 8) erhöhen! In der Zwischenzeit fallen aber ebenso viele Wartungsarbeiten beim A an, deren Kosten voraussichtlich ab der dritten Hu die einer E-Hu übersteigen werden. Nicht vergessen darf man, dass sich die Werkstattkosten genauso auf den Neupreis auswirken, ja dieser sogar stärker gestiegen ist. So kostete eine komplette C1+c1-Garnitur 1954 lächerliche 180.000 Schilling. Die Neuanschaffung eines Straßenbahnwagens zahlt sich also nie aus! Das ist der Grund, warum viele Betriebe "uralte" Wagen verwenden oder sogar gebrauchte kaufen. Sehr wohl ist sie aber aus Gründen des Komforts und der Sicherheit notwendig. |
Leser-Antwort 6 |
Von: Gerald Svejnoha |
Bezüglich des Verbleibs der beiden ULF-Prototypen kann ich ihnen aus sicherer
Quelle mitteilen, dass diese wieder reaktiviert werden (A1 fährt bereits wieder,
B601 ist noch in Arbeit)
Voraussichtlich sollen diese beiden Wagen für Fahrschulzwecke abgestellt werden, da geplant ist, im Herbst oder Frühjahr die Fahrer bzw. die Werkstättenbediensteten der Bahnhöfe Otg., Hls und Flor. auf den ULF einzuschulen. |
Leser-Antwort 7 |
Von: Cafe Dogma am 23. 9. 1999 |
Liebe Leute! Also das möchte ich jetzt nicht als Antwort auf Leserbrief Nro 2 sowie auf die Antwort der Antwort usw. von Meldung 28 verstehen sondern als Diskussionsgrundlage. Kurz gefaßt verstehe ich diesen Leserbrief als Laudatio auf bewährte Typen. Aber: Die buchhalterische Lebenszeit eines Straßenbahnfahrzeuges liegt definitiv bei 30 Jahren (Bus 15 Jahre) Das Argument, ein Tramwaywagen wird in seiner Lebenszeit nur ZUR HÄLFTE neu aufgebaut, halte ich nur teilweise für richtig, da der Wagen bei der HU komplett zerlegt wird. Das heißt bis auf Kasten (-gerippe) bleibt nichts über. Heißt - er WIRD NEU GEBAUT (es werden die Teile in aufgearbeiteter/bei Bedarf neuer Form wieder eingebaut). Abgesehen davon war der Umbau auf Geamatic wirklich ein kompletter Neubau unter Verwendung weniger altbrauchbarer Teile (zB Inneneinrichtung und Fahrmotoren). Es ist übrigens zulässig (d.h. möglich aber nicht verpflichtend) das werterhöhend zu buchen, ist aber bei den WVB meines Wissens nicht üblich. Die Ersatzteile werden zu einem gewissen Kontingent bei Auslieferung mitgeliefert, dann nach Verbrauch dessen, neu zugeliefert oder von der Werkstätte aufgearbeitet (zB Motoren neu wickeln, etc). Das heißt, es wäre zu prüfen, ob die Neuanfertigung bereits nicht mehr lieferbarer Teile nicht wesentlich teurer ist, als gleich neue Typen mit anderen Teilen in Betrieb zu nehmen, da ja diese Ersatzteile in Serienfertigung wesentlich kostengünstiger sind. Ein C1 bzw. F wurde nur deswegen so alt: Erstens aus gewerkschaftlichen Gründen, um die Altschaffner nicht umschulen zu müssen (unzumutbar!!!!) und zweitens, weil sich die Typen E2/6 als nicht gerade benutzerfreundlich (sowohl für Personal (sic!) als auch für die "Beförderungsfälle") herausgestellt hatten, was man immerhin nach der zweiten Bauserie erkannt hatte (Wird beim ULF bei der ca. 4-5. Bauserie nicht anders sein) und man andererseits von einer Bestellung a la Graz 600ff Abstand genommen hatte, da man damals eine allzugroße Typenvielfalt umgehen wollte (verständlich). Nichtzuletzt aber auch deswegen, weil man es in den 70ern verabsäumt hatte, für die (ohnehin aufgrund der U-Bahnhysterie einzustellende) Tramway entsprechend Neufahrzeuge zu bestellen. Weitere Ausführungen würden jetzt den Rahmen sprengen - warte aber gespannt auf Eure Rückmeldungen. Bis bald Schn.! |
Redaktion - Antwort 8 (Antwort auf Leser-Antwort 7) |
Die Hauptuntersuchung alle acht Jahre bzw. 500.000 km ist eisenbahnrechtliche Vorschrift. Das kann man nicht
als Neubau werten - sonst müsste man konsequenterweise statt einer Hu in 8 Jahren neue ULFs kaufen, denn
auch diese werden dabei fast komplett zerlegt werden (und wurden es teilweise wegen Defekten schon).
Der Absatz mit der Lieferung von Ersatzteilen stimmt. Bei den von uns genannten ca. 5 Millionen Schilling für die Hauptuntersuchung und Instandsetzung eines in eher schlechtem Zustand befindlichen Altwagens sind die Ersatzteile aber schon drinnen. Von Serienfertigung kann man bei dem Umfang, in dem derzeit Straßenbahnwagen oder U-Bahn-Wagen gebaut werden, aber nur bedingt sprechen. Fast alles wird hier - im Gegensatz zu den enormen Stückzahlen in der Autoindustrie - noch per Hand mit Unterstützung allgemein verwendbarer Werkzeugmaschinen gemacht. Die Anschaffung von Spezialmaschinen oder gar Robotern zahlt sich bei Weitem nicht aus. Dadurch erklären sich auch die extrem hohen Neupreise. Außerdem ist es in den meisten Fällen billiger, Teile zu reparieren oder gar (sogar Arbeitswagen!) selbst zu fertigen, da in der Zentralwerkstätte das entsprechende Fachpersonal, Maschinen und Werkzeuge vorhanden sind. Im Gegensatz zum Zukauf fällt der Gewinn weg - die restlichen Kosten sind gleich, was die Anschaffung im Schnitt um 25 Prozent verbilligt. Selbstverständlich lässt sich eine komplette Serie wie der ULF nicht neben der normalen Arbeit fertigen. Durch die 100-jährige Erfahrung wurden sogar Erfindungen und Entwicklungen möglich, die die einschlägigen Hersteller für undurchführbar hielten. Nur ein Beispiel: Als der erste Fahrmotor der Type E einen Windungsschluss bekam, hieß es von Seiten Elin, dass nur ein Austauschmotor in Frage käme, da die Wicklungen mit Kunstharz vergossen sind. Dieser würde heute 125.000 Schilling kosten. In der (damaligen) HW erfand man aber eine Methode, das Harz heraus zu lösen und den Motor zu reparieren. Diese Methode ist mittlerweile patentiert und spart drei Viertel der Kosten eines neuen Motors, obwohl der alte dabei komplett neu aufgebaut werden muss. G.S. |