Wiener Straßenbahnwagen nach dem Krieg

  Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war ein großer Teil des Wagenparks, der noch aus der Anfangszeit der elektrischen Straßenbahn bzw. sogar – als Umbau der alten Pferdewagen zu Beiwagen – aus der Anfangszeit des öffentlichen Massenverkehrs überhaupt, stammte, am Ende seiner wirtschaftlichen und technischen Lebensdauer angekommen.

Zwar standen mit den Reihen M, m2 und m3 verhältnismäßig neue Wagen in großer Zahl zur Verfügung, eine weitere Modernisierung war jedoch an der Zeit.

Im Deutschen Reich wurde schon am Beginn der dreißiger Jahre der Plan vom Einheitsstraßen-bahnwagen (ESW) geboren, der in zwei-, drei- und vierachsiger Ausführung in großer Serie gefertigt werden sollte. Die Ausführung konnte nur zögernd begonnen werden und geriet durch den Ausbruch des zweiten Weltkrieges endgültig ins Stocken.

Bald war, um Geld, Rohstoffe und Energie zu sparen, der zweiachsige Kriegsstraßenbahnwagen (KSW) in seiner Ausführung als Trieb- und Beiwagen entstanden. Die Ausstattung war spartanisch; an Material wurde verwendet, was gerade verfügbar war. Die Wagenkästen wurden von Fuchs in Heidelberg gefertigt, was ihm deutschlandweit den Spitznamen "Heidelberger" verlieh.

1944 gelangten 30 Stück fertige Wagenkästen nach Wien. Die elektrische Ausrüstung fehlte, und die ursprüngliche sandbraune Tarnfarbe war von Rommels Wüstenfeldzug übrig geblieben. Komplettiert und in Betrieb genommen wurden diese Triebwagen erst nach Kriegsende, somit stellen sie – obwohl vorher geliefert – die ersten Nachkriegfahrzeuge der Wiener Straßenbahn sowie den Beginn einer modernen Ära dar: Es war die erste eigenständige Baureihe mit Stahlwagenkasten.

Im Jahr 1949 übernahmen die Wiener Verkehrsbetriebe 45 gebrauchte vierachsige Triebwagen vom eben still gelegten New Yorker Third Avenue Transport System im Zuge des Marshall-Planes als Wiederaufbauhilfe. Nach Adaptierung für den Wiener Betrieb wurden die geräumigen und bequemen Fahrzeuge – die ersten, die über ausklappbare Trittstufen verfügten – sehr positiv aufgenommen und stellten endlich einen Anschluss an die moderne Straßenbahnwelt her. Später machten die Einzelstücke durch zunehmenden Ersatzteilmangel und Unfälle auf Grund der fehlenden Schienenbremsen negative Schlagzeilen.

Da man durchaus positive Erfahrungen mit den KSW machte, dachte man Ende der 50er Jahre über eine verbesserte Version nach. Der Typ B verfügte schon über mehr Ausstattung und Technik, seine selbsttätig schließenden pneumatisch angetriebenen Türen verhalfen ihm zum Beinamen „Zischer“. Somit gelangten 1951 die ersten echten Neubauwagen nach dem Zweiten Weltkrieg zum Einsatz.

In den Jahren 1951 bis 1953 wurden auf insgesamt 30 Fahrgestellen der Reihen k1 und k2, vorwiegend kriegsbeschädigte Fahrzeuge, im Design erstaunlich moderne neue Wagenkästen aufgesetzt: Die Reihe k6 war geboren, und diese Beiwagen verkehrten Anfangs am häufigsten mit den neuen B-Triebwagen. Erst ab 1952 wurden in der Technik zu den Triebwagen passende b-Beiwagen hergestellt.

Im Jahr 1953 folgte als völliger Neubau und letztlich gescheiterter Versuch ein Prototyp der Reihe k7, der äußerlich den k6 glich. Vor Allem seine revolutionäre Federung befriedigte jedoch im Betrieb überhaupt nicht. Jedoch flossen diese Erkenntnisse in die ab 1959 gebaute Reihe l3 ein.

Im Jahr 1954 wurden auf 18 Fahrgestelle des Typs T neue Stahlkästen aufgesetzt, verbunden mit neuer elektrischer Ausrüstung. Die Reihe T war ein ab 1900 beschaffter vierachsiger Typ, dessen Fahreigenschaften auf Grund der asymmetrischen Drehgestelle aber nicht entsprachen. Bis 1912 erhielten daher alle Fahrzeuge zweiachsige, massive, Rahmenfahrgestelle, die sich nun gut wiederverwerten ließen. Der neue T1-Wagen entsprach im Erscheinungsbild den Beiwagen k6 bzw. k7 und sollte fortan mit diesen im Zugverband das Stadtbild prägen.

Nach Ausscheiden der T1 wurden einige Wagen noch nach St. Pölten verkauft, wo ihnen aber wegen des eben erfolgten Konkurses des dortigen Straßenbahnunternehmens nur ein kurzer Einsatz gegönnt war.

Einzig den B-Triebwagen war in "Altersteilzeit" noch ein langes Leben als Arbeitswagen BH beschert, sodass Einige das stolze Dienstalter von 50 Jahren bei den Wiener Linien überschritten. BH 6400 ist bis heute in Betrieb; BH 6398 ist Museumsfahrzeug.

Das Buch beschäftigt sich somit mit den Typen A, B, b, T1, k6, k7, Z, BH, BH1, BH2, stellt eine ausführliche Geschichte dar und bringt neue Details zu Tage. Ein Technik und Statistikteil runden das Thema ab. Über 300 sorgfältig ausgewählte Bilder der rund 50-jährigen Geschichte, ein Drittel in Farbe, zeigen die Geschichte und Gegenwart dieser Nachkriegstypen. Ein Muss für jeden Straßenbahnfreund!

Leider vergriffen!

Zu den Bildern von der Buchpräsentation